Ana Feineis

Von furchtsam zu furchtlos

Heute hat Ana Feineis ihren eigenen evangelistischen Dienst, der weltweit viele Tausend  Menschen erreicht. Doch das war nicht immer so. Hier kommt ihre Geschichte, in ihren eigenen Worten

Dieses Bild ist 2019 entstanden, und ich möchte dir die Geschichte dahinter erzählen. Ich war auf der Fire19-Konferenz von CfaN. Doch bevor ich dazu komme, möchte ich dir berichten, was damals in meinem Leben geschah …

Ich bat Gott um Hilfe, und Er half mir

2018 hatte ich mich gerade bekehrt. Auch wenn ich kaum andere Christen kannte, hatte ich ein riesiges Verlangen, meinen Mitmenschen von Jesus weiterzusagen. Ich wollte mit Fremden darüber sprechen, ihnen die gute Nachricht bringen. Doch für mich war das sehr schwierig.

Tag für Tag probierte ich es, und jedes Mal klappte es nicht. Unter Tränen brachte ich Gott mein Versagen. Wie würde die Person reagieren? Was würde passieren, wenn man mich ablehnte oder auslachte? Wo sollte ich die richtigen Worte hernehmen? Doch ich bat Gott um Hilfe und Er half mir. In meinem Herzen hörte ich die Worte: „Schreib es auf. Was würdest du den Menschen gerne sagen?“ So schrieb ich einen kleinen Text auf. Ich schrieb ihn hundertmal und sagte mir: „Ich werde jetzt einfach losgehen und diese kleinen Briefe austeilen, ohne, dass ich etwas sagen muss.“

Man könnte meinen, dass meine Menschenfurcht durch diese Lösung überwunden gewesen sei, doch keine zwei Minuten später wurde mir bewusst, dass ich nicht einmal das konnte. Als ich mit meinen kleinen, weißen Zetteln herumlief, sagte ich mir: „Ana, die sind so hässlich. Entweder wollen die Leute sie nicht oder sie werden im Müll enden.“ So ging ich mit allen 100 wieder nach Hause und dekorierte sie, sodass sie wie kleine Geschenke aussahen. „Die werden sie nicht so leicht ablehnen“, dachte ich bei mir. „Und sobald jemand das Wort liest, gibt es kein Zurück mehr.“ Gottes Wort kehrt niemals leer zurück (siehe Jesaja 55,11).

Wieder zog ich los, und zum ersten Mal kam ich ohne einen einzigen Zettel wieder nach Hause. Das Gefühl ist schwer zu beschreiben. Gott hatte mein Versagen und meinen Hilferuf in etwas Wunderschönes verwandelt. Jede Woche schrieb ich meine 100 Zettelchen und verpackte sie liebevoll, jede Woche für ein ganzes Jahr. Wo auch immer ich unterwegs war, nahm ich die kleinen Geschenke mit und verteilte sie großzügig.

Ich arbeitete Vollzeit als Angestellte in einem Warenlager und hatte noch nie besonders gut verdient. Daher dachte ich über meine Zukunft nach und wie gut es wäre, mehr Geld zu verdienen, um meine Familie besser versorgen zu können. Gerade als ich anfangen wollte zu studieren, um meine Jobaussichten zu verbessern, hörte ich, wie Gott zu mir sagte: „Studiere nicht. Ich möchte, dass du anderen Christen das Evangelium kostenlos anbietest.“

Auf dem Wasser gehen

Das liest sich so leicht, doch ich weinte deshalb bittere Tränen. Alle meine Wünsche wurden mit dieser Aufforderung über Bord geworfen. Ich musste mich damit abfinden, niemals zu studieren und auch meine Familie nicht finanziell unterstützen zu können. Ich fragte mich: „Was ist, wenn sich niemand für diese Art von Evangelisation interessiert und ich damit einen schweren Fehler begehe?“ Nach zwei Tagen Gebet und vielen Tränen stand meine Entscheidung fest: „Ich werde tun, worum Gott mich bittet, selbst wenn ich keine Ahnung habe, wie, und auch nicht weiß, wer dafür bezahlen wird und ob es überhaupt irgendjemanden interessiert.“

Ich machte mich an die Arbeit, bestellte Material, bereitete alles vor, machte Bilder und stellte sie online. Obwohl ich wusste, dass ich Gottes Stimme gehört hatte und dass es nicht meine verrückte Idee war, überraschte es mich jedes Mal, wenn eine Bestellung einging. Im darauffolgenden Jahr wuchsen die Bestellungen derart, dass ich nicht länger in Vollzeit arbeiten konnte. Ich beschloss auf 70 Prozent zu reduzieren. Sechs Monate später waren es nur noch 50 Prozent. Dann musste ich auf dem Wasser gehen. Ich lebte von einer Teilzeitstelle und unzähligen finanziellen Wundern.

Im nächsten Jahr erstellte ich ein schriftliches Leitbild, die Arbeit entwickelte sich zu einer Freiwilligenorganisation und ich trat in den vollzeitlichen Dienst ein. Tausende evangelistischer Texte verließen jede Woche meinen Schreibtisch. Ich begann, Material palettenweise zu bestellen und mein Zimmer in ein Warenlager zu verwandeln, in dem gerade noch Platz für mein Bett und meine Klamotten blieb. Es war ein Abenteuer, doch ich tat genau das, was ich tun sollte, und das machte mich sehr froh.

An der Fire-Konferenz in Hamburg teilnehmen zu dürfen, begeisterte mich. Ich wollte, dass Gott mich noch mehr gebrauchte und mir ganz sicher sein, dass Er mich rief.

Ich konnte nicht aufhören zu weinen

Die Konferenz begann und viele Evangelisten sprachen … und dann kam Reinhard Bonnke. Alle jubelten. Ich wusste nicht einmal, wer er war. Es war sein letzter Auftritt in Deutschland und das erste Mal, dass ich ihn sah. Er fing an zu predigen und wir weinten wie kleine Kinder. Das ist kein Witz. Ich kann nicht beschreiben, was von ihm ausging, als er sprach. Wir weinten stundenlang. Eine Predigt von Reinhard, eine Predigt von Daniel Kolenda (den ich auch nicht kannte) und wir heulten und heulten. Menschen rannten nach vorne, warfen sich auf den Boden und weinten. So etwas habe ich noch nie erlebt. Selbst in der Pause, als wir auf unseren Matratzen im Auto saßen, konnten wir nicht aufhören zu weinen. Wir weinten Tränen der Freude, des Friedens, der Liebe und der Buße.

Herr, sende mich!

Am zweiten Tag kam Reinhard Bonnke wieder auf die Bühne, als ein Video über Afrika gezeigt wurde. Ich kannte ihn nicht und war erst seit zwei Jahren gläubig. Noch nie hatte ich eine solche Erweckung gesehen, und dass so viele Menschen ihr Leben Jesus gaben. Ich war erstaunt. Es war so herrlich, dass ich kaum hinschauen konnten. Dann hielt es mich nicht mehr auf dem Stuhl. Voller Staunen über den Film erhob ich mich (da wurde das Bild gemacht). Und Gott berührte mein Herz. Ich betete: „Gott, bitte nimm mein Leben und sende mich.“

Am Ende der Konferenz segnete Reinhard uns. Er forderte uns auf, aufzustehen, übertrug uns seine Salbung und schickte uns los, um das Evangelium in aller Welt zu verkünden. Die Atmosphäre war einfach unbeschreiblich. Sein letzter Auftritt. Er salbte uns und verabschiedete sich. (Ein paar Monate später ging er heim zu Gott.) Am Ende sagte er noch, jeder, der jetzt den Heiligen Geist gespürt habe, sei von Gott berufen, das Evangelium in die Welt zu tragen. – Und ich spürte gar nichts. Ich konnte es nicht aus dem Kopf bekommen. … „Jeder, der jetzt den Heiligen Geist gespürt hat, ist berufen.“ Doch ich fühlte nichts. Überhaupt nichts. Die Konferenz war vorbei, und ich saß auf meinem Stuhl und weinte, denn ich dachte: „Ich bin einfach nicht berufen.“

„Ich kann das nicht – ich habe Angst.“

Ich fuhr mit dem Bus nach Hause. Da saß ich nun und ließ alles Revue passieren. „Ich bin nicht berufen … Gott hat mich nicht gemeint.“ Es war so hart. „Ich bin nicht berufen. Gott hat dich nicht gemeint, Ana.“ Und dann hörte ich eine Stimme: „Steh auf und predige das Evangelium!“ Ich saß dort sehr still, unsicher, wo das herkam. Dann hörte ich es wieder: „Steh auf und predige das Evangelium!“

Ich dachte: „Ich sitze hier im Bus und kann in den nächsten zehn Stunden nicht aussteigen. Ich kann das nicht. Was werden die Leute denken? Was soll ich sagen? Was, wenn mir die Worte fehlen? Gott, ich kann das nicht, ich habe Angst.“  

Es war eine sanfte und liebevolle Stimme: „Steh auf und predige das Evangelium!“ Und ich sah mich selbst, wie ich in der Mitte des Busses stand und hörte die Worte, die ich sagen sollte. Ich sah mich selbst sprechen und wusste, dass der Herr mich rief. Aber ich blieb einfach sitzen und tat nichts. „Ich kann nicht, Herr! Ich habe Angst!“  

Weinend kam ich zu Hause an. Tage vergingen, und ich war auf eine Hochzeit eingeladen.  Das Brautpaar war gläubig und erzählte von vorne sein Zeugnis. Es gab viele internationale Gäste, die ebenfalls Zeugnis gaben, das war wunderbar und herrlich. Und dann geschah es erneut. Ich sah mich selbst dort stehen. Ich hörte mich das Evangelium predigen und Menschen auffordern, ihr Leben dem Herrn zu geben. Wie in einem Film sprach ich ein Übergabegebet vor. Doch dann kam der Gedanke: „Ana, du bist nicht der Nabel der Welt. Wie arrogant bist du denn? Glaubst du wirklich, alle wollen dich reden hören? Heute ist nicht dein Tag, es geht nicht um dich.“

Scham überkam mich. Ich akzeptierte diese Gedanken völlig. Dann kam ein Glaubensbruder mehrfach zu mir und sagte: „Ana, ich glaube du solltest nach vorne gehen und über den Herrn sprechen.“ Er kam immer wieder und versuchte, mich zu ermutigen. Selbst der Bräutigam tat dasselbe. Doch ich blieb sitzen. Wegen meiner Gedanken konnte ich es einfach nicht tun. Ich hörte den Herrn immer wieder sagen: „Steh auf und erzähle den Menschen von meiner Liebe“, doch ich blieb sitzen. Selbst als ich nach Hause gehen wollte, hielt mich jemand auf und fragte mich, ob ich nicht ein Zeugnis geben wolle. Zu Hause weinte ich bittere Tränen.  

Ich konnte nicht sehen, dass Er mich bereits gerufen hatte  

Alles, was ich tun konnte, war, weiterhin meine kleinen Gospelgeschenke herzustellen und zu verschicken – und das wuchs immer weiter. Da war ich also, voller Sorge, dass Gott mich nicht berufen habe, weil meine eigene Vorstellung davon, nämlich zu Menschen zu predigen, so anders aussah, als der Dienst, in den Er mich bereits hineingeführt hatte. Doch seine Berufung war bereits in meinem Leben wirksam!  

Ich liebe den Herrn. Er ist freundlich und voller Liebe. Genau das möchte ich euch sagen … Manchmal bitten wir Gott um Dinge, für die wir einfach noch nicht bereit sind – vielleicht die Ehe, einen Job, Finanzen oder einen Dienst. Wir fragen uns, warum Gott uns nicht hört, etwas nicht erfüllt oder es uns nicht gibt. Dabei vergessen wir, dass Er nur unser Bestes will. Bei Gott gibt es für alles, was wir Ihn bitten, eine bestimmte Zeit. Niemand kann behaupten, dass Er eine Ehe, Finanzen, eine bestimmte Karriere oder eine Berufung nicht für dich vorgesehen hätte – Er nimmt sich einfach die benötigte Zeit, um uns darauf vorzubereiten. Und manchmal sieht Sein Plan anders aus, als wir es uns vorstellen.  

Er führt uns an den richtigen Platz

Als der Dienst wuchs, stiegen auch die Kosten. Doch jedes Mal, wenn eine Rechnung fällig wurde, versorgte mich Gott. Er schenkte mir ein Team von Freunden, das sich dieser Arbeit von ganzem Herzen verschrieben hat und sie bis heute unterstützt. Die erste Webseite wurde erstellt (www.giveaway.live), weitere Texte hinzugefügt und in 21 Sprachen übersetzt. Es gibt spezielle Texte für Frauen und Karten in Blindenschrift. Alles wird kostenlos in die ganze Welt verschickt. Heute, vier Jahre später, ist das Evangelium 1.350 000 Mal verkündet worden. Ich kann es selbst kaum glauben. 10.000 Texte verlassen jede Woche unsere Wohnung. Unser Gott ist so groß. Mit Gottes Hilfe kann ich dort am stärksten sein, wo meine größte Schwäche lag, und unzählige Menschen befähigen, das Evangelium zu verkünden und es zu lesen.

Als ich mich damals so hilflos fühlte und dachte, Gott hätte mich überhaupt nicht berufen (weil es so anders aussah, als ich es mir vorgestellt hatte), benahm ich mich wie ein kleines Mädchen, das sich die Augen ausheult, weil es noch nicht Auto fahren kann. Gott liebt uns so sehr, dass Er uns nie mehr gibt, als wir tragen können. Er ruft uns Schritt für Schritt in das hinein, was Er für uns vorbereitet hat. Denen, die Gott lieben und die nach Seinem Ratschluss berufen sind, müssen alle Dinge zum Besten dienen (siehe Römer 8,28).

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Ana ging aufs Ganze

Es ist so einfach zu sagen: "Dein Wille geschehe". Was aber, wenn der Wille Gottes alles andere als nachvollziehbar ist? Wenn es um das eigene Geld geht? Wenn über Zukunftspläne verhandelt werden muss? Wenn das Studium abgebrochen, das Bankkonto geleert wird, der "Wille" viel zu mächtig wird? Ana ging aufs Ganze.