Zeugnis

Auf Leben oder Tod

Als Winfried Wentland mitten in Afrika eine lange Reise antrat, wurde er in zwei Träumen gewarnt: Der Feind würde versuchen, ihm das Leben zu nehmen …

(Auszug aus: „Auf Leben oder Tod“, von Winfried Wentland mit Stephen Bransford)

Ein Strom von Blut

Ein Mann kam im Traum auf mich zu, als ich oben auf dem Container lag und schlief. Ich erinnere mich nicht genau daran, wie er aussah, aber ich weiß noch, dass ich ihn deutlich sah. Er sagte zu mir: „Du wirst die Ausrüstung verlieren, aber ich werde dein Leben retten.“

Mit einem Ruck wachte ich auf und konnte den Klang seiner Stimme fast noch hören. Als ich lauschte, hörte ich allerdings meine Männer, die unter mir die Campingsachen verstauten. Ich dachte, dass vielleicht einer von ihnen mich angesprochen hatte.

„Boafo, hast du etwas zu mir gesagt?“ „Nein, Boss.“ „Kwesi, hast du etwas gesagt?“

„Nein, Boss. Wir versuchen alle so leise wie möglich zu sein, damit du deinen Schönheitsschlaf kriegst.“ „Dankeschön, aber wenn ich noch schöner werde, wäre das für euch nicht auszuhalten. Lasst uns losfahren.“

Wir packten wie gewohnt alles ein, nahmen uns ein wenig kaltes Affenfleisch und Zwieback und fuhren los. Wir waren in der afrikanischen Äquatorregion unterwegs. In der folgenden Nacht hatte ich den gleichen Traum. Wieder sagte der Mann zu mir: „Du wirst die Ausrüstung verlieren, aber ich werde dein Leben retten.“ Wieder dachte ich beim Aufwachen darüber nach, was es zu bedeuten hatte. Ich hatte für mich selbst schon die Frage des Todes geklärt. Wenn Gott den Zeitpunkt für gekommen hielt, war ich bereit zu gehen. Was mir nicht gefiel, war der Gedanke, die Ausrüstung zu verlieren.

CfaN hatte mich kurz davor mit einem Satelliten-Telefon ausgestattet. Ich beschloss, dass der Moment gekommen war, es zu benutzen. Ich wählte die Nummer von Reinhard Bonnke in Deutschland. „Reinhard, ich hatte zweimal einen sehr lebendigen Traum. Der gleiche

Traum, zwei aufeinanderfolgende Nächte. Beide Male kam ein Mann auf mich zu und sagte: Du wirst die Ausrüstung verlieren, aber ich werde dein Leben retten. Ich frage mich, ob das eine Warnung ist, und ob wir den Weg zu der nächsten Evangelisationskampagne fortsetzen sollen.“

Am anderen Ende der Leitung blieb es eine Weile still. Anscheinend dachte er darüber nach, was er antworten sollte. „Ich habe sonst nie Träume, Reinhard, aber dieser Traum kommt mir so vor, als dürfe ich ihn nicht ignorieren.“ „Das denke ich auch. Du solltest ihn nicht ignorieren, aber du solltest trotzdem zur nächsten Veranstaltung weiterfahren.“ „Gut, in Ordnung. Aber ich möchte unsere Ausrüstung nicht verlieren. Ich werde Folgendes machen: Ich werde mich darum kümmern, dass sie rechtzeitig und in gutem Zustand dort ankommt.“ „Ja, Winfried, und das machst du immer ausgezeichnet. Doch die Ausrüstung kann ich ersetzen. Dich kann ich nicht ersetzen. Fahrt zum Veranstaltungsort. Offensichtlich versucht der Feind euch wieder anzugreifen. Ich werde ihm keine Handbreit nachgeben, und das wirst du auch nicht tun. Fahrt weiter zum Veranstaltungsort. Ich werde euch dort treffen, und es wird herrlich werden.“

Er nahm uns mit unter die Brücke. Wir schauten an den etwa 12 Meter hohen Holzpfeilern hinauf, welche die Brücke stützten. Sie waren verfault, von Insekten angefressen und an den Hauptbelastungspunkten verschlissen. Als über unseren Köpfen ein Wagen die Brücke überquerte, ächzten die Balken und verbogen sich unter der Last. Wir schauten einander an und schüttelten alle den Kopf.

Hier im Urwald benutzt man eine Brücke so lange, bis sie einstürzt“, sagte ich. „Erst dann findet man, dass sie repariert werden muss. Der Letzte, der so eine Brücke überquert, sollte besser schwimmen können.“ Wir blickten flussabwärts und sahen eine Fähre, die an einem Kabel das Wasser überquerte. Wir waren uns alle einig, dass es für den Lkw wohl die bessere Alternative war. Trotzdem würde es einiges an Organisation bedürfen, weil die Fähre nicht groß genug war, die Tandemanhänger in ihrer vollen Länge aufzunehmen.

In der Mitte des Vormittags kamen wir durch eine Kleinstadt und mussten vollgepackten Motorrädern, Fahrrädern, Rindern, Hunden und Ochsenkarren, die mit Menschen beladen waren, ausweichen. Ohne jegliche Vorwarnung schoss plötzlich direkt vor uns ein Auto um die Ecke, wobei es fast einige Fußgänger rammte. Das Auto kam ins Schlingern und beschleunigte noch, während es frontal auf uns zukam. Der Zusammenstoß schien unausweichlich. Ich war bereits in höchster Alarmbereitschaft. Mit dem Fuß trat ich noch heftiger auf die Bremsen, als ich es normalerweise getan hätte, und die Anhänger hinter uns rammten in die Kupplungen und stellten sich durch den Aufprall fast quer. In letzter Sekunde schwenkte das Auto zur Seite und der Frontalzusammenstoß wurde vermieden.

Ich stieg aus und untersuchte die Anhänger, um festzustellen, ob die Bremsverbindungen beschädigt worden waren. Alles schien in Ordnung zu sein. In meiner Erinnerung kam es mir vor, als hätte am Steuer dieses Wagens ein Verrückter gesessen, der wiederum von einem Dämon gesteuert wurde. Der Feind trachtete danach uns zu schaden. Vielleicht waren wir durch meine extrem hohe Alarmbereitschaft in der Lage gewesen, diesem Geschoss auszuweichen. Vielleicht hatte ich deshalb diesen Traum gehabt.

Winfried Wentland bei der Fahrt durch Kamerun
Winfried Wentland bei der Fahrt durch Kamerun
Winfried Wentland in Nigeria

In einem Sekundenbruchteil wurde mir klar, dass ich baden gehen würde. Doch das Einzige, was mir wichtig war, war so viel wie möglich von der Ausrüstung im Anhänger zu retten.

Die Hinterräder des Anhängers rutschten von der Fähre in den Fluss, aber ich fuhr weiter rückwärts. Das Gewicht der Fahrerkabine auf dem hinteren Teil der Fähre bewirkte, dass der Bug hoch in die Luft gehoben wurde. Schließlich rutschte auch das Fahrerhaus dem Anhänger hinterher in den Fluss und wurde nach vorn geschleudert, sodass ich gegen meinen Sicherheitsgurt nach vorn gedrückt wurde. Der Motor gurgelte, als er ins Wasser tauchte und ich stellte ihn schnell aus, um ihn nicht zu beschädigen.

Gleichzeitig zog ich die Luftdruckbremsen an, damit der Lkw nicht in den tieferen Teil des Flusses hineinrutschte. Die Fähre schlug mit einem lauten Platsch wieder auf der Wasseroberfläche auf. Für den Fährmann muss es eine ziemlich aufreibende Überfahrt gewesen sein.

Zu meiner großen Erleichterung tauchte der Motor zwar unter Wasser, aber die Fahrerkabine nicht. Hinter mir saß der Anhänger mit den beiden Hinterachsen auf dem Anlegeplatz, und die vordere Hälfte hinter dem Fahrerhaus stand zum Teil unter Wasser. Unter den gegebenen Umständen hätte ich mir keinen besseren Ausgang wünschen können. Ich kletterte durch das Fenster hinaus und krabbelte auf den Container. Mit beiden Armen in der Luft stand ich dort. „Juhu!“ Meine Männer jubelten und führten einen Freudentanz auf, um die Rettung zu feiern. Nachdem wir uns am Ufer gesammelt hatten, machten wir einen neuen Plan. Wir befestigten lange Kabel an beiden Seiten des Anhängers und legten sie den Hügel hinauf. Wir würden starke Abschleppfahrzeuge brauchen, die gleichzeitig zogen, um meinen Lkw wieder sicher an Land zu ziehen.

Wir stellten uns vor, dass zwei starke Trucks nötig wären, weil sie das 20-Grad-Gefälle hinaufziehen mussten. So machten wir uns an die Arbeit und befestigten zwei Kabel, um sie anschließen zu können. Dann warteten wir. Doch den Rest dieses Tages kam kein weiterer Truck vorbei. Am frühen Abend schlugen wir am oberen Teil des Ufers unser Lager auf. Der Fährmann gesellte sich zu uns und entschuldigte sich. Er erklärte, dass er aus Versehen einen Ballasttank mit Wasser gefüllt hatte, wodurch die Fähre aus dem Gleichgewicht geraten war. Er hatte das Problem behoben und versicherte uns, dass wir übersetzen konnten, wenn wir imstande waren, es erneut zu versuchen.

In dieser Nacht saßen wir um das Lagerfeuer herum, und ich erzählte den anderen zum ersten Mal von meinem Traum. „Ich glaube, das hier war es, wovor ich in dem Traum gewarnt wurde“, sagte ich. „Der Traum hat mich in höchste Alarmbereitschaft versetzt, und deshalb konnte ich so schnell reagieren und den Verlust des Lkws und der Ausrüstung verhindern.“ „Aber der Mann hat doch gesagt, dass du die Ausrüstung verlieren wirst“, sagte Boafo. „Das habe ich auch gedacht. Vielleicht habe ich nicht richtig gehört. Oder vielleicht wollte er mir nur sagen, was auf dem Spiel stand. Jedenfalls haben wir die Ausrüstung nicht verloren und sollten noch genug Zeit haben, unsere Fahrt fortzusetzen und rechtzeitig am Veranstaltungsort einzutreffen.“

Am nächsten Tag warteten wir bis zum frühen Nachmittag, ehe wir zwei Kipplasterfahrer fanden, die einverstanden waren, uns gegen Bezahlung herauszuziehen. Als sie die Kabel an ihren Lkws befestigt und sie stramm gezogen hatten, erklärte ich ihnen, dass sie ihre Handbremsen anziehen und die Kabel straff halten mussten, während ich im Fahrerhaus die Luftdruckbremsen löste. Sobald ich das gemacht hatte, wollte ich ihnen ein Zeichen geben, damit sie anfangen konnten zu ziehen.

Als ich mich ins Fahrerhaus setzte, musste ich allerdings feststellen, dass die Bremsen blockiert waren. Dadurch, dass der Motor unter Wasser stand, war der Luftdruck aus dem Bremssystem gewichen. Ich ging wieder zu den Kipplastern zurück und sagte, dass sie die Motoren abstellen und die Handbremsen angezogen lassen sollten. Meine Männer und ich mussten mit einem Spezialwerkzeug ins Wasser tauchen, um die Bremsen an der Antriebswelle, die sich unter dem Fahrerhaus befand, manuell zu lösen. Dafür brauchten wir mehrere Stunden. Bei jedem Tauchgang musste der manuelle Hebel in einen Schlitz eingesetzt und dann entgegen dem Uhrzeigersinn gedreht werden, um die Bremse an jedem einzelnen Rad zu lösen. Wir lösten uns ab, aber durch das trübe Wasser konnten wir nicht viel sehen, und der Bremsschlitz in den Rädern war fast unmöglich zu lokalisieren. Es war ein enorm schwieriges Unterfangen, aber schließlich hatten wir es geschafft.

Ich informierte meine Männer dann über die Sicherheitsvorkehrungen. Sollte ein Kabel reißen, dann könnte es mit einer solchen Wucht den Hügel hinunterschnellen, dass es einen ausgewachsenen Mann zweiteilen könnte. Niemand durfte sich in der Reichweite des Kabels aufhalten. Ich wies meine Männer an, sich zu beiden Seiten des Anhängers aufzustellen. Wenn er aus dem Wasser gezogen wurde, sollten sie sich mit Bremsklötzen bereithalten, um sie vor die Räder zu klemmen, sollten die Laster nicht in der Lage sein, weiter zu ziehen. Dadurch würden wir zumindest verhindern, dass der Anhänger wieder zurück in den Fluss rollte. Etwa hundert Leute versammelten sich an beiden Ufern des Flusses und auf der Brücke, um dem Manöver zuzusehen.

Plötzlich fiel mir ein, dass ich 20.000 US-Dollar Bargeld im Fahrerhaus liegen hatte. Wenn etwas schiefging, durfte dieses Geld nicht nass werden. Ich nahm den Umschlag aus seinem Versteck und stopfte ihn in meine Tasche. Dann rannte ich den Hügel hinauf und schloss ihn im Landrover ein. Ich nahm den Schlüssel des Landrovers und hängte ihn an meinen Schlüsselbund mit dem Lkw-Zündschlüssel. Dann stieg ich wieder in meinen Truck.

Alle standen in Stellung und waren bereit. Ich gab das Signal, und die beiden Kipplaster fingen an zu ziehen. Zu meiner großen Freude bewegten wir uns nach hinten. Doch unter dem riesigen Gewicht unserer Ladung begannen die Räder der Laster durchzudrehen. Einer der Laster rutschte zur Seite weg, rammte einen Baum und konnte nicht mehr vorwärts. Der andere Laster merkte nichts und zog weiter, doch das gesamte Gewicht der Ladung verlagerte sich mit einem Mal auf sein Kabel. Das Kabel zerriss mit einem lauten Knall, der sich wie ein Gewehrschuss anhörte. Meine neben den Rädern positionierten Männer sahen das Kabel wie eine Schlange den Hügel hinunter auf sie zu schnellen und rannten um ihr Leben. Die Bremsklötze ließen sie fallen. Das zweite Kabel riss ebenfalls, und in Nullkommanichts rollte ich haltlos nach vorne, zurück in den Fluss. Innerhalb von Sekunden tauchte ich in eine totale Dunkelheit.

Ich versuchte die Fahrertür zu öffnen, aber der Druck des Wassers hielt dagegen. Ich tastete im Fahrerhaus herum, konnte aber absolut nichts sehen. Plötzlich zerbrach die Windschutzscheibe und das Wasser rauschte in meinen Schoß. Ich hatte gerade noch Zeit meine Lungen mit Luft zu füllen. Ich wusste, dass der Fluss tief war, aber ich wusste nicht, wie tief der Lkw durch den Druck des schweren Anhängers darin versinken würde. Ich wartete, bis sich die Kabine vollständig mit Wasser gefüllt hatte und der Druckausgleich hergestellt war. Dann tastete ich nach der Fensterkurbel und kurbelte das Fenster herunter. Gleichzeitig fühlte ich, wie die Räder sanft auf dem Boden des Flusses aufsetzten. Um mich herum herrschte eine unheimliche Dunkelheit. Die Stille schien sich wie Arme um mich zu schlingen und mich dort festzuhalten. Ich fühlte nach den Schlüsseln im Zündschloss und riss sie an mich. Ich packte den Fensterrahmen und zog mich selbst heraus, indem ich mich gleichzeitig mit den Füßen abstieß. Ich wusste nicht, wo oben und unten war, doch ich vertraute dem Gefühl des Auftriebs, das mich zur Wasseroberfläche zu treiben schien. Sehen konnte ich allerdings nichts.

Ich fing an, in die Richtung zu schwimmen, die ich für aufwärts hielt. Inzwischen hatten meine Lungen ihre Kapazität fast ausgeschöpft. Luftblasen stiegen von selbst aus meinem Mund und meiner Nase. Mein ganzer Körper schrie nach Luft, und ich wusste, dass ein einziger Atemzug unter Wasser meinen Tod bedeuten würde. Du wirst die Ausrüstung verlieren, aber ich werde dein Leben retten. Ich erinnerte mich an die Stimme, die diesen Satz gesagt hatte. Wer rettete jetzt mein Leben? Ich war dabei zu ertrinken! Meine Kräfte schwanden. Ich war unsagbar müde. Mein Wille erlitt einen Sturmangriff. Die Schwärze um mich herum schien unendlich zu sein. Ich hätte fast eingeatmet, nur um dieser Qual ein Ende zu bereiten. Doch ich dachte an Gaby und die Kinder und tat einen weiteren Schwimmzug. Ich erinnerte mich, dass der Mann in meinem Traum versprochen hatte, mein Leben zu retten. Ich wünschte mir so sehr, dass er real genug war, um mich jetzt, in diesem Augenblick aus diesem nassen Grab zu reißen!

Doch dann sah ich einen leichten Schimmer. Die Wasseroberfläche kam in Sichtweite. Zwei, drei weitere Schwimmzüge, und ich hatte die Oberfläche erreicht und schnappte keuchend nach Luft, so laut, dass man es flussauf- und abwärts deutlich vernehmen konnte. Hustend, keuchend und wild um mich schlagend schwamm ich auf das Ufer zu. Dabei trieb etwas an mir vorbei, was einen absolut surrealen Eindruck machte. Es war ein roter, herzförmiger Blumenkranz, der flussabwärts trieb. Was für eine Schönheit. Ich steckte meine Hand durch den Kranz und schwamm damit weiter.

Boafo, Kwesi und Mike waren mit mir im Wasser und schwammen mit mir. Sie waren getaucht, um zu versuchen mich zu erreichen. Als meine Füße den schlammigen Boden berührten, waren Friday und Stephen zur Stelle, bis zur Taille im Wasser, um mich den restlichen Weg zum Ufer zu ziehen. Dort lag ich keuchend und hustend, Wasser kam aus meiner Nase und meinen Lungen. Friday nahm mir den Blumenkranz vom Arm.

„Der ist von ihr“, sagte er und zeigte nach oben in Richtung Brücke. Ich rollte herum und blickte zur Brücke, auf der eine junge Frau stand. „Du warst sehr lange da unten, Boss. Die Blumen berichten den Menschen flussabwärts, dass jemand ertrunken ist. Wir wissen nicht, ob sie den Kranz wegen dir oder wegen jemand anders geworfen hat.“ Ich fing an zu lachen. „Nun, ich war anscheinend nicht gemeint. Jemand hat gesagt, dass ich die Ausrüstung verlieren würde, aber dass er mein Leben retten würde. Ich habe keine Ahnung, wo er dort unten war, aber ich bin jedenfalls hier – und am Leben.“

Ich stand auf und merkte erst jetzt, dass ich auf meinem Oberschenkel eine knochentiefe 20 Zentimeter lange Fleischwunde hatte, die sehr stark blutete. Ich brauchte Desinfektionsmittel und saubere Binden, um die Blutung zu stillen, bis ich zu einem Krankenhaus gelangen konnte. Ich rannte den Hügel hinauf zum Landrover. Als ich näher kam, war ein Mann gerade dabei, mit einem Werkzeug das Auto aufzubrechen. Er sah uns kommen und verschwand schnell im Urwald. Gott hatte alles gut getimt. Er hatte mein Leben und die 20.000 US-Dollar gerettet, die wir benötigten, um die Ausrüstung zu bergen.

Nach einigen Wochen gemeinsamer Arbeit mit ein paar Männern einer niederländischen Spezialfirma gelang es uns, den Truck – der fünf Wochen auf dem Grund des Flusses verbracht hatte – sowie die gesamte Ausrüstung aus dem Fluss zu retten. Ein kleines Wunder für mich ist, dass alle Ausrüstungsgegenstände wie Lampen, Kabel, Bohrmaschinen, Schweißapparate etc. bis zum heutigen Tag funktionstüchtig sind. Als sie getrocknet waren, liefen sie wieder perfekt. Wir waren nach der gelungenen Rettungsaktion überglücklich und fuhren gleich weiter zur nächsten Evangelisation.

Ganz offensichtlich hatte ich am Ende die Ausrüstung gar nicht verloren. Das gab mir bezüglich des Mannes in meinem Traum ein Rätsel auf, das ich nicht lösen konnte: „Der Mann hatte doch gesagt, dass du die Ausrüstung verlieren würdest“, meinte Boafo.

„Das habe ich auch gedacht. Vielleicht habe ich mich verhört. Oder vielleicht …“ Je länger ich lebe, umso besser kann ich mit unbeantworteten Fragen umgehen. Sie erzeugen bei mir ein Lächeln, wenn ich mich oben auf dem Ausrüstungscontainer im Herzen Afrikas schlafen lege. Ich schaue in den Sternenhimmel und sage einfach: „Himmlischer Vater, deine Wege sind so viel höher als meine.“ Und dann schlafe ich wie ein Murmeltier.

(Auszug aus: „Auf Leben oder Tod“, von Winfried Wentland mit Stephen Bransford)